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Heiliges Grab in Pullenreuth

Erinnerung halten lebendig

Bealte Holzteile sind aufgestellt
Erste Aufstellversuche mit 3-D-Wirkung
© Gesellschaft Steinwaldia Pullenreuth e.V.
Als Kind ist die Welt, wie man sie sieht und wie sie einem erzählt wird von Faszination, Begeisterung, manchmal auch Angst und Ehrfurcht geprägt. Heute aufzuwachsen in Zeiten von Medienangeboten ist etwas anderes als noch vor 60, 70, 80 Jahren, ohne bewegte Bilder und Lichteffekte. Ereignisse waren hier viel fremder und bunte Lichter schienen viel ergreifender, als es wohl heute funktionieren würde.

Lichteffekte, Bühneneffekte und eine inszenierende Darbietung, das alles war früher Teil der Osternacht mit dem Bühnenbild „Heiliges Grab“. Das Heilige Grab (Theatrum Sacrum) der Pfarrkirche St. Martin in Pullenreuth hat Chorraum füllende Ausmaße und bildet eine über Jahrhunderte gewachsene Einheit. Im Pfarrarchiv Pullenreuth ist es seit 1704 nachweisbar und hat Elemente, die bis zum Spätbarock zurückreichen. Es ist in der Region Nordbayerns ein einmaliges kulturelles Erbe und ein Zeugnis für die Volksfrömmigkeit im Lande.

Über 60 Jahren schlummerten die Teile des „Hl. Grab“ an den verschiedensten Orten. In Scheunen und Dachböden lagerten Teile ein und waren schon fast vergessen. Am Leben und lebendig gehalten wurde sie von der Erinnerung an vergangene Tage. An das Ereignis zu Ostern, in der bunte Lichter leuchteten, die Wandlung theatralisch inszeniert wurde, in dunkelster Osternachtstunde. Als kleiner Bub, kann sich Norbert Reger erinnern, stand er mit der Oma in der Kirche und hielt ihre Hand bei all dem wundersamen Geschehen. Er kann sich noch an die Gänsehaut erinnern und das lässt auch heute noch seine Augen strahlen.

Mit dieser Erinnerung ist er nicht allein und auch ein anderer schwelgte in dieser Zeit. Hans Spörrer war dies ein Anlass in der Schriftenreihe des Vereins „Wir am Steinwald“ (Band 20) einen Aufsatz darüber zu schreiben und hat „dabei auch seine Eindrücke und Emotionen beschrieben, die ihn packten, wenn er als Kind am Karfreitag das monumentale Bauwerk in der abgedunkelten Kirche erleben konnte.“ (Zitat aus Joseph Hörl – Das Hl. Grab in Pullenreuth)

Neben diesen Erinnerungen hat vor allem das Bestreben, insbesondere durch Steinwaldia Vorsitzenden Norbert Reger, die Grabanlage wiederzubeleben, 2016 dazu geführt, dass sich ein Hoffnungsschimmer für den Erhalt und vor allem die Restauration auftat. „Ein paar interessierte Leute an den richtigen Stellen mit einem gewissen Einfluss haben zusammengeholfen und eine Finanzierung der aufwändigen Restaurierung der Grabanlage auf den Weg gebracht.“ (Joseph Hörl)

Seit die Finanzierung steht packen hier – typisch „Steinwaldia“ - nun wieder viele Hände zusammen an und arbeiten an der Vorbereitung der Räumlichkeiten im „Weißsaal“ in Pullenreuth. Als Leaderprojekt und Maßnahme des ALE Oberpfalz gefördert, war es eine besondere Mitteilung, dass die Voruntersuchungen im Auftrag des LFD München ergaben: Das Hl. Grab von Pullenreuth ist ein Zeugnis für Volksfrömmigkeit und Volkskunst der Region über 300 Jahre hinweg und besitzt einen hohen (ideellen) und kirchlichen Wert. Es ist die ideale Ergänzung zu den Maßnahmen „Sakrale Landschaften“ im Leader-Arbeitsgebiet, Landkreis Tirschenreuth. Und so kommen in diesem Vorhaben die Diözese Regensburg – Pfarrei Pullenreuth, das ALE Oberpfalz, der Bezirk Oberpfalz, der Landkreis Tirschenreuth, die Gemeinde Pullenreuth, der Naturpark Steinwald, das Landesamt für Denkmalpflege und natürlich der Verein „Gesellschaft Steinwaldia Pullenreuth e.V.“ zusammen. Ein solches Projekt kann man nur mit vereinten Kräften und finanzieller Unterstützung stemmen.

Die Restaurierung der historischen Teile läuft und wird durch das Landesamt für Denkmalpflege betreut. Neben der fachmännischen Aufarbeitung war es aber auch eine herausfordernde Aufgabe aus den Teilen ein Ganzes zu machen. Wie bei einem Puzzle standen die Steinwaldia-Mitglieder davor und haben mit Erinnerung und Auge Stück für Stück rekonstruiert und zusammengefügt.

Tragende Holzteile waren nicht mehr ausfindig zu machen und auch die Beleuchtung kam mit den Jahrzehnten und Umzügen abhanden. Alles Dinge, die vereinsintern hergestellt werden können und so ist nun, auch wenn das Zeitgeschehen für Verzögerung gesorgt hat, schon vieles geschafft.

Zur Osterzeit – das Jahr wird wohl von Corona bestimmt - wird das Hl. Grab in Zukunft in der Pfarrkirche in Pullenreuth aufgestellt. Das ganze Jahr über wird es nicht wie oft üblich eingelagert, sondern im historischen Dorfsaal (Weißsaal) in Pullenreuth aufgebaut und für Gruppenführungen und religiöse Meditation zugänglich bleiben. Das mystische Verdunkeln wie in der Pfarrkirche wird auch hier erfolgen.
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